Der wohl beschämendste Schritt, wenn zuhause nix mehr geht.
Aber der einzig richtige, um nicht komplett unterzugehen und zu verwahrlosen.


Pflegestufe….hey, was hat das mit uns psychisch Kranken zu tun?

Leider bisher zu wenig, denn die Begutachtungskriterien des Medizinischen Dienstes sind sehr eng und zielen weniger auf Betreuung sondern mehr auf Grundpflege ab.

Den Antrag auf Pflegestufe stellt man bei der Krankenkasse, die dann den MDK zum Hausbesuch vorbeischickt…Mit Laptop bewaffnet taucht die Dame oder der Herr dann auf, macht einige Grunduntersuchungen, wie beweglich man noch ist und dann wird ein langer Fragenkatalog abgearbeitet.

Und da wir doch körperlich eigentlich fit sind und uns niemand den Popo abwischen muss, steht uns nur Pflegestufe 0 zu, falls nicht noch andere Erkrankungen hinzukommen ausser der PTBS, Depressionen, etc.

Und selbst Pflegestufe 0 ist nicht immer sofort durchsetzbar…lehnt die Krankenkasse ab und Du fühlst Dich nicht korrekt bewertet, dann lege Widerspruch ein.


Im Autoradio habe ich vorletzte Woche von der revolutionären Veränderung im Pflegebereich gehört  und mich diese Woche über sämtliche Suchmaschinen im Netz schlau gemacht, was da denn auf uns zukommt.

Hurra…die ätzenden Pflegestufen werden abgeschafft, es geht endlich nicht mehr nur um (viel zu knapp bemessene) Zeiten der Körperpflege und Nahrungsaufnahme…nein, endlich geht es auch um Betreuung, Anleitung und Mobilität allgemein. Minutentakt – Adé !!

Es werden endlich nicht mehr “nur” körperliche Einschränkungen bewertet, sondern auch psychische.

Statt 3 Pflegestufen, plus der Pflegestufe 0 für Demenzkranke, wird es ab 2017 wohl 5 Pflegegrade geben, die zukünftig auch eine genauere und vor allem bessere Einstufung der psychisch Gehandycapten ermöglichen.

Das Begutachtungssystem wird vereinfacht, aber mit mehr Modulen versehen…ich hoffe, dass die Damen und Herren vom Medizinischen Dienst auch entsprechend frühzeitig auf das neue System geschult werden und die alten “Denkmuster” rechtzeitig aus den Köpfen der Begutachtenden bei den Terminen verschwinden. Bisher war es ja für fast alle Betroffenen immer ein Kampf, die entsprechende Pflegestufe zu bekommen, meistens blieb man da auf der Strecke.

Um eine Tsunami-Welle von Neubegutachtungen der psychisch Kranken zu vermeiden, ist angedacht, diejenigen, die bisher Pflegestufe 0 UND eingeschränkte Alltagskompetenz genehmigt bekommen haben, gleich in Pflegegrad 2 einzuordnen. Grundsätzlich lobenswert, aber eigentlich lediglich aufgrund des Kostenfaktors der zu erwartenden Begutachtungen geplant, in der Hoffnung, dass sich die Betroffenen über die automatische Erhöhung freuen und damit zufriedengeben.

Nun denn…2017 wird hoffentlich die Pflege-Geschichte für psychisch Kranke neu geschrieben und wir erhalten dann endlich auch die passende finanzielle Unterstützung für unsere Helfer, die häufig 24 Stunden parat sein müssen, und einen vernünftigen Zugang zu Sachleistungen… ohne beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme der ambulanten Betreuung stellen zu müssen oder bei ausreichendem Einkommen innerhalb der Familie alles oder anteilig selber zu zahlen.

Leidtragende und “Nichtgeschätzte” sind nämlich nicht nur die Erkrankten selber, sondern vor allem die  Familienangehörigen und Freunde, die bisher unentgeltlich die Pflege und Betreuung der psychisch Kranken übernehmen durften…was neben dem enormen zeitlichen Aufwand vor allem eine nervliche Belastung ist.

Eure hoffnungsvolle Rapunzel