Auch bei PTBS und Angststörungen kann man sich „hocharbeiten“…
Ergebnis ist die Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung.
Das Verhalten, die Grundeinstellungen, die Persönlichkeit…alles verändert sich…
Es wird chronisch…
Ich kann heute kaum noch auseinanderhalten, was Teil der Posttraumatischen Belastungsstörung ist und was ich mir durch Erwartungsängste und negative Erfahrungen antrainiert habe.
Eins weiß ich aber…beim Ausbau meiner PTBS – Karriereleiter war ich erfolgreicher als in jedem anderen Job.
Parallel dazu habe ich den Bau von meinem Rapunzel-Turm begonnen.
Stein auf Stein…Immer ein bischen höher…bis ich nicht mehr runter kam…
Ich hatte bis 24 Jahre „lediglich“ Schlafstörungen, schlechte Träume, Gedankenkreisen, Schwierigkeiten im Kontakt und Umgang mit anderen Menschen, Fremdheitsgefühle, kein Körpergefühl, jede Menge Unsicherheiten und Ängste, Magenschmerzen ,etc.
Als Kind hätte ich schon zum Therapeuten geschleppt werden müssen,
aber damals war das leider noch nicht so…da wurde sowas Zuhause gelöst oder ignoriert.
War auch nicht schön, aber damit konnte ich wenigstens einigermaßen leben…
Bis zum Tag X…
Retraumatisierungen haben mich zu so einem lebensunfähigen Wrack gemacht…
Retraumatisierungen, die eigentlich nix mit dem ursprünglichen Trauma zu tun haben.
Retraumatisierungen, die „lediglich“ die gleichen Gefühle, Ohnmachtszustände und Körperreaktionen wie das Ursprungstrauma ausgelöst haben.
Retraumatisierung durch Narkosen….
Normales Tagesgeschehen in Kliniken und Krankenhäusern.
Ich weiß gar nicht, ob in den Aufklärungsbögen überhaupt das Thema Trauma angesprochen wird….
Die Panikstörung war geboren…
und auch die war in den 90ern selbst bei Ärzten in Deutschland ziemlich unbekannt.
Ich stand alleine da…in Todesangst..dass ich sterbe oder verrückt werde.
Mein Hausarzt hat mir eine Packung Diazepam in die Hand gedrückt, die er in seinem Schrank rumfliegen hatte…..das wars!
Eine davon habe ich genommen..danach nie wieder!
Tja…und dann kommt der Lerneffekt…
dem kann sich NIEMAND verschließen…
Du lernst jeden Tag, ohne dass Du es merkst…
Das ist nicht steuerbar…
Nur wenn man auf Kommando lernen muss, für eine Prüfung z.B., dann streikt der Kopf gerne mal….
Aber ansonsten funktioniert das vorbildlich und unbemerkt…. auch da, wo es nicht soll…
Trigger helfen dabei…Du verbindest Erinnerungen mit Gefühlen.
Packst Du einmal auf eine heiße Herdplatte, wirst Du das bewusst niemals mehr tun.
Hörst Du öfter ein Lied, dass Dir gut gefällt, kannst Du bald den Text auswendig…und sogar Jahrzehnte später wirst Du mitsingen können. Du vergisst den Text nicht.
Und so vergesse ich auch nix…
Wo ich ne Bauchlandung gemacht habe, wo ich versagt habe oder Angst hatte, wo Stress und Panik ausgelöst wurden.
Die meisten meiner heutigen Probleme haben mit dem Ursprungstrauma nix mehr zu tun, ein Hinterfragen und eine tiefere Bedeutung zu suchen, ist somit unsinnig. Es ist antrainiert.
Ergebnis: Andauernde Persönlichkeitsveränderung, Agoraphobie, generalisierte Angststörung, schwere Depressionen, Essstörung, Suizidgedanken, Verhaltensstörungen, Dissoziationen, dissoziative Gangstörung, etc. … summa Summarum: Komplexe PTBS…
Ich bin heute misstrauischer, dauerängstlich, ständig unruhig und nervös und fühle mich wie ein Alien in unserer Gesellschaft. Ich habe mich zurückgezogen in meinen Turm…
Hoffnung auf Heilung habe ich aufgegeben.
Löschen der Festplatte wäre eine Lösung, gibt’s aber leider noch nicht.
Und die nächste Narkose kommt bestimmt…
denn Zahnarztbehandlungen sind bei mir normal nicht möglich aufgrund der PTBS.
Schöne Scheiße….ein Teufelskreis.
Eure ratlose Rapunzel
5. November 2015 at 9:01
Wow du hast mir von der Seele geschrieben nur mehr fehlen immer die Worte um es auszudrücken…..
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4. Juli 2016 at 13:19
Puh… sehe in vielem meine Frau wieder (Retraumatisierung durch lebensbedrohliche Erkrankung mit Beinahetod-Erfahrung im Krankenhaus – und jetzt dazu eine Unterfunktion der Hirnanhangdrüse; d. h. Ungleichgewicht an Hormonen, die zugeführt werden müssen – bei körperlicher/psychischer Belastung soll sie ausprobieren, wie viel sie zusätzlich braucht – ist der Hormonspiegel zu niedrig, dann treten auch bei dieser Erkrankung zusätzlich Symptome auf, die auch bei der komplexen PTBS vorliegen – also ein Teufelskreislauf;)
Ist im Moment sehr schwierig mit der Partnerschaft; versuche für sie da zu sein und sie zu unterstützen – körperliche Nähe/Zärtlichkeit ist jetzt seit Monaten nicht möglich; das gleiche gilt für Sexualität (kein Wunder bei Übergriffen in der Kindheit/Jugend).
Ich liebe meine Frau!
Es gibt aber viel zu wenig Hilfeangebote für Partner/Angehörige!
Seit Monaten versucht Sie über Facharzt und Traumatherapeutin eine erneute stationäre Weiterbehandlung mit Schwerpunkt Psychosomatik/Trauma zu bekommen; aber Krankenkasse und MDK stellen sich immer wieder quer …. eine Odyssee ist kein Vergleich….
Was du sonst so zur komplexen PTBS schreibst, kann ich nur bestätigen und vieles finde ich wieder wie z. B.:
immer wieder Körperschmerzen (sehr häufig auch migräneartige Schmerzsymptomatik – aber diese Schmerzen drücken sicher etwas anderes aus), ist kaum körperlich belastbar (max. 3-5 Stunden/Tag), viele Ängste/Panikattacken, Angst vor Nähe, Angst vor vielen Menschen (egal, ob das Freunde oder Familie sind), kann Geräusche/Lärm nur sehr schlecht aushalten (früher waren Live-Konzerte kein Problem…), Busfahren geht kaum – schon als Schülerin nicht (Übelkeit), ständiger Begleiter ist ihr Smartphone und Abends oder auch Tagsüber versucht sie sich mit „Kugelspielchen“ und teilweise zeitgleichem Fernsehen abzulenken, Gespräche wenn Sie es möchte ja – sonst nur, wenn Energie da ist und dann auch nur sehr dosiert; fährt schon alleine Pkw (auch längere Strecken und auch Übernachtungen bei Freundinnen/ex Mitpatientinnen sind möglich) und macht auch alleine Arztbesuche und geht ein wenig bummeln – die Stadt ist ihr aber zu laut und hektisch, sie kann die ganzen Geräusche und Wahrnehmungen nur sehr schwer filtern und aushalten (Hypersensibilität wurde auch schon von einer Therapeutin vermutet – vielleicht aber eher PTBS???) …. könnte so weiterschreiben – vieles finde ich bei dir wieder.
Hoffe, das es endlich vorwärtsgeht und vielleicht Besserung eintritt !
Liebe Grüße
Achim
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4. Juli 2016 at 14:38
Hallo Achim…
ich finde es immer wieder erschreckend, wie ähnlich die Symptome sind und auch die Ängste und der erschwerte Alltag.
Traurig ist aber, dass trotz der auffälligen Überschneidungen zu wenig funktionierende Hilfestellung gewährt wird von Krankenkassen und auch von Kliniken…denn wer nicht stabil ist, kann von Traumatherapie nur träumen.
Und die Kassen, Ärzte und Therapeuten wissen ganz genau, wie hoch der Leidensdruck von Betroffenen und Angehörigen ist…
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8. Februar 2017 at 12:02
KANNST DU DEN BERICHT BITTE. Wieder rausnehmen
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8. Februar 2017 at 14:30
kein Problem…ich habe ihn gelöscht 🙂
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11. Oktober 2017 at 23:07
Liebe Rapunzel ! Meine Diagnose steht seit Februar 17 Kptbs. Ich bin Mutter von vier erwachsenen Kindern und habe immer stundenweise als Physiotherapeutin gearbeitet. Minijob. Im letzten November habe ich mich psychisch in meine Einzelteile zerlegt. Kann auch ich so etwas wie “ Ausgleich “ beantragen? Mein Arbeitgeber hat mich freigestellt. Bin nicht krankgeschrieben. Liebe Grüße Lotta!
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12. Oktober 2017 at 18:35
Hi Lotta…
es tut mir leid, dass es Dir derzeit so schlecht geht.
Was meinst du mit „Ausgleich“?
Warum hast Du Dich nicht krankschreiben lassen, dann bekämst Du doch anteilig Krankengeld.
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14. Januar 2018 at 0:28
Hallo, ich habe nie gewusst warum es mir so schlecht geht. Das ganze geht schon seid fast 30 Jahren und jetzt weiß ich warum und es macht mir Angst. Mein Zustand verschlimmert sich immer mehr. Es ist durch meine letzte Arbeit und einen versuchten Überfall richtig herausgekommen. Davor war es durch die Geburt meines Sohnes. Ich habe sehr viel verdrängt. Jetzt kommt es doppelt. Keiner versteht mich so richtig.
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14. Januar 2018 at 1:18
Hallo Gabriele…
mit dem Verstehen ist das so ne Sache…wir selber verstehen uns ja kaum 😉
Lies Dich hier ein bischen ein…und dann gib den Link Deinen Angehörigen, bzw. denjenigen, wo Du meinst, sie könnten etwas Nachhilfe benötigen .
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22. Februar 2018 at 15:35
https://polldaddy.com/js/rating/rating.jsLiebe Rapunzel,
ich kämpfe seit 20 Jahren. Durch ständige Retraumatisierungen bin ich nicht mehr von dieser Welt. Ich fühle mich als würde ich mich auflösen und die Erkenntnis auf mich gestellt zu sein, bereitet mir Angst, da ich auf Hilfe verzichte.
Für mich gibt es keine Hilfe, da ich durch Menschen in meiner Not immer wieder traumatisiert wurde, genauso in der Psychiatrie. Dort habe ich komplett das Vertrauen in Menschen verloren. Es ist einfach Grauenhaft und genau Deine Wunschklinik wäre eine Chance, aber die gibt es leider nicht. Ich weiß einfach nicht wie und wer ich überhaupt noch bin, ich habe jeglichen Bezug zu mir selbst verloren.
Würde mich sehr freuen, wenn Du mir antworten könntest und wünsche Dir, so wie mir, eine individuelle „Heilung“. Ich drück Dich und bin sehr dankbar für Deinen Blog. LG Mel
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23. Februar 2018 at 23:48
Hallo Mel…
Vielen Dank für deine Rückmeldung.
Hilfe einfordern oder auch nur annehmen, ist für viele von uns ein ganz schwieriges Terrain.
Wir wissen eben nicht, ob die Personen, die uns gegenüberstehen, uns wirklich gutgesonnen sind. Unsere Erfahrungen haben uns gelehrt, dass Freundlichkeit und Interesse des Anderen nunmal nicht immer selbstlos und uneigennützig waren und wir dafür einen hohen Preis zahlen mussten.
Ich finde es aber ganz grausam und so endgültig, wie du das schreibst „Für mich gibt es keine Hilfe“
Hilfe gibt es immer. Nur eben leider nicht so, wie wir es uns erhoffen.
Denn wir suchen eigentlich Befreiung und Erlösung von unseren Qualen.
Ich wünsche mir für Dich, dass du beginnst, kleine alltägliche Unterstützung von anderen anzunehmen…und wenn du sie noch nicht hast, dich um eben genau diese Art der Hilfe zu bemühen…z.b. ambulante Wohnbetreuung, Pflegedienste, Nachbarschaftshilfen oder als Erstkontakt den psychiatrischen Dienst deiner Stadt in Anspruch zu nehmen.
Mel…dazu muss man keine Freundschaften schließen, es sind Dienstleistungen….so händel ich das auch 😉
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25. Februar 2018 at 13:05
Danke liebe Rapunzel für Deine Antwort. Du hast Recht es gibt Hilfe, aber ich muss halt sehr genau hinschauen. Vielleicht habe ich bisher gedacht, irgendjemand muss mir doch diese Qualen abnehmen können. Tja und da lag wohl der Fehler. Natürlich habe ich auch eine vollständige Heilung angestrebt, die es aber nicht geben kann. Besserung und Stabilisierung wie Du schreibst, sollte das Ziel sein. Mir hilft es sehr Deine Zeilen zu lesen, vieles ist so identisch, das ich erstmal aufatmen konnte.
Ich dachte immer, nur ich habe diese Einschränkungen, das kann sonst niemand haben.
Manches ist auch sehr konfus, wenn ich nen Termin habe, dann mache ich mich zurecht und niemand würde denken, was innerlich für Prozesse bei mir ablaufen und wenn es mir mal ganz gut geht dann gebe ich soviel Gas das ich dann tagelang flachliege und das macht mich sehr müde da der Kreislauf schon Jahrelang abläuft. Drück Dich. MEL – ich gebe die Hoffnung nicht auf, aber die Illusionen! 😌
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7. Mai 2018 at 22:38
tut mir leid für dich, aber tut mir gut zu lesen…… ich sehe ein paar paralellen und habe auch aufgegeben- vor allem die sog. Hilfe hat mir völlig den boden unter den Füßen weggezogen- ich meine es tut mir gut, die ungeschönte wahrheit zu lesen-Ja therapie kann auch schaden und unfachgerechte um so mehr…..
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8. Mai 2018 at 11:17
Ich habe für mich entschlossen, die Hilfe nicht mehr überwiegend im Außen zu suchen. Mit meiner jetzigen Erkenntnis werde ich Fortschritte machen, den nach meinen persönlichen Erfahrungen, habe ich mehr Schaden als Nutzen daraus gezogen
gezogen. Die Erfahrungen mit der sogenannten Hilfe, wünsche ich niemanden und mein Menschenbild ist nicht durch meine Traumatisierung entstanden standen, sondern das Ergebnis meiner langjährigen Erfahrungen. Wenn mann sich Zeit gibt und akzeptiert das die Natur sich sehr langsam entwickelt und sich erneuert, dann ist es ja auch klar, das es beim Menschen genauso ist. Jede schnelle Lösung, hat mir nicht geholfen. Ich wollte auch die Pflegegradstufe beantragen, da ich den Haushalt nicht mehr schaffe, aber ich habe zwei gesunde Beine und Arme und ich vertraue erstmal darauf das es mit der Zeit wieder gehen wird. Ich bin der Meinung das ich persönlich es nur aus eigener Kraft schaffen kann, auch wenn es noch so langsam geht. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch gewesen und es ist mit der Einstellung sicherlich nicht einfach, aber ich beginne mein persönliches Experiment meiner eigenen Genesung, soweit das möglich ist. MEL
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8. Mai 2018 at 12:25
Prüft alles und das nicht nur einmal, wen oder was Ihr in Euer Leben laßtt. Ich hätte es schon viel eher sehr ernst nehmen sollen. Das betrifft insbesondere die Menschen die immer wieder Retraumatiesierungen erlitten haben. Habt ihr liebe und ehrliche Menschen in eurem Leben, dann seid ihr reich beschenkt und ihr könnt Euch glücklich schätzen. Ich gehörte bisher nicht dazu, aber es ist nie zu spät. Den Liebesmangel kann niemand leider ausfüllen und es sich selbst zu geben, ist nicht einfach. Ich hätte nie gedacht im Leben, wie wichtig es für die eigene Gesundheit ist, welche Menschen man in seinem Umfeld hat. Niemand muss es ertragen, schlecht behandelt zu werden. Niemand!
Ich sage auch nicht mehr gleich, ich bin psychisch krank, dann kann ich mich stundenlang erklären, mache ich aus Selbstschutz einfach nicht mehr. Das was man mir angetan hat, geht Fremden sowieso nichts mehr an. Es ist mein Leben, das ich verantworten muss und wenn es für andere nicht nachzuvollziehen ist. Menschen gefallen zu wollen bringt sowieso nichts ein. Schwere traumatische insbesondere frühkindliche, lassen sich nicht heilen, aber ich kann Frieden in mir finden, nicht mit den Tätern oder sonstiges, sondern in mir. Mein persönliches Fazit. Lg Mel
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17. Juli 2018 at 23:50
https://polldaddy.com/js/rating/rating.jsLiebe Rapunzel,
gib die Hoffnung auf Heilung nicht auf. Ich kenne das auch zur Genüge. Ich hatte Angst vor Ärzten, Höhenangst, konnte nur sehr schwer andere Menschen ansprechen, hasste es, irgendwo anrufen zu müssen usw.
Ich habe mir dann mal alles aufgeschrieben, was alles in meinem Leben blöd gelaufen ist und was ein Trauma sein könnte. Ich habe mich gefragt, warum ich diese Ängste habe. Ich bekam den Grund zunächst nicht heraus. Da habe ich mich an die Harry Potter Bücher erinnert. Da gibt es den Imperius-Fluch. Das ist quasi ein Fluch, bei dem jemand dir eine Art Hypnosefluch anhext und dir zum Beispiel befiehlt: Hab Angst! – So hat es sich für mich jedenfalls angefühlt. Als hätte mir jemand in bestimmten Situationen Angst angehext. Da habe ich es dann wie Harry Potter gemacht – ich habe mir gesagt: Warum eigentlich? Es wäre doch ziemlich bescheuert, Angst zu haben (ich hatte ja keinen wirklichen Grund gefunden)
Es hat geklappt – meine Ängste sind verschwunden!
Später bin ich dann doch noch auf meine Traumata gestoßen. Ich bin ein alleingeborener Drilling. Meine Schwester ist als vanished twin bis zur Geburt im Mutterkuchen geblieben und mein Bruder ist mit einer starken Blutung abgegangen.
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19. August 2018 at 16:13
Hallo Rapunzel und Community,
Ich bin neu hier und auch neu was das Thema PTBS/komplexe PTBS angeht.
Jahrelang dachte ich „Ich bin halt essgestört und habe Depressionen“. Kein Wunder, wurde mir so mitgegeben, dünn sein ist das A und O.
Arbeite an deiner Essstörung und alles wird wieder.
Und es wurde. Nach zwei stationären Klinikaufenthalten und diversen ambulanten Therapeuten und der Einnahme von Antidepressiva wurde es wieder; dachte ich.
1 1/2 Jahre symptomfrei, beruflich bewegte ich mich in die „richtige“ Richtung, meine Figur war toll, habe ein Fernstudium begonnen…
Da es mir endlich gut ging und mich stark und bereit fühlte wollte ich mir meinen Traum erfüllen und habe meine Sachen und Kater gepackt und bin one-way nach Irland.
3 Monate hatte ich die schönste und beste Zeit meines Lebens, ich habe sehr minimalistisch in einem Camp gelebt, das Meer nur wenige Schritte entfernt, umgeben von offenen und herzlichen Menschen und Tieren.
Ca. 6 Monate später „ging es wieder los“.. ich hatte das Camp verlassen und lebte in einer WG – das war schon immer die schlimmste Vorstellung für mich, mit fremden Menschen zusammen leben; ich bin lieber für mich und fühle mich unwohl in Gegenwart von Menschen, aber in Irland ist das so üblich also zog ich in die WG. Mein Job war der einer Callcenter-Mitarbeiterin; auch das war schon immer ein Horror-Job für mich, aber es gab keinen anderen also dachte ich, für den Anfang.. ich begann immer mehr mich zurück zu ziehen, wollte nach der Arbeit niemanden sehen oder hören. Da saß ich in meinem Traumland und war unglücklich. Dass ich unglücklich war weiß ich jetzt, damals konnte ich es mir nicht eingestehen, außerdem wollte ich keinesfalls zurück nach Deutschland. Ich hatte mich noch nie so angekommen und akzeptiert gefühlt wie in Irland. Aber das hatte nicht gereicht.
Im Winter beschloss ich dann, dass ich Hilfe brauche. Es tauchten wieder alte Muster auf und ich hatte Angst, dass die Bulimie zurück kommen wird. Innerhalb einer Woche (ich dachte ich höre nicht richtig, so schnell?!) hatte ich einen Termin zum Counseling bei Bridget.
Zunächst war es seltsam auf Englisch Therapie zu haben, aber diese Frau tat mir so unglaublich gut mit ihrem empathischen Wesen, dass ich regelmäßig zu ihr ging.
Es kostete mich einen Haufen Geld, da es in Irland etwas anders läuft als hier. Aber das war es mir wert, ich wollte in Irland bleiben!
Ich beschloss etwas mehr Geld zu investieren und mir ein eigenes Heim zu suchen, welches ich auch sehr schnell gefunden hatte. Ein 2-Bett-Cottage in der Pampa, so wie ich es mir gewünscht hatte. Ich dachte jetzt geht es bergauf.
Nach, ich würde sagen weiteren zwei Monaten kam dann aber der Zusammenbruch. Ich hatte einen Autounfall (es war nur ein Blechschaden) und hatte mich so unglaublich hilflos und alleine gefühlt, auf der Arbeit konnte ich nicht den Ansprüchen meiner Managerin sowie meinen eigenen, nicht entsprechen und meine Fehltage aufgrund von Migräne, Magenschmerzen und Übelkeit häuften sich, bis ich es gar nicht mehr aus dem Bett geschafft hatte und darin gefesselt war. Schlafen war erst zum Morgengrauen möglich und die einzige Motivation raus zu gehen war es einzukaufen und Kaffee zu trinken. Mit Scheuklappen und Tarnmantel konnte ich raus.
Irgendwann hatte ich den Mut und habe mich meiner Schwester anvertraut, die sagte mir, dass ich meine Sachen packen soll und nach Hause kommen.
Da ich nicht mehr zurück zur Arbeit konnte und ich auch kein Geld mehr verdient hatte, begann ich meine Rückreise zu planen.
Ich begann noch in Irland, voller Elan mich auf Stellen zu bewerben, es lag ja schließlich nur am Job, dass es mir so schlecht ging und ich wollte unbedingt sofort wieder voll in Deutschland einsteigen.
Nach zwei Vorstellungsgesprächen, etlichen Absagen, einem Probearbeiten wurde mir bewusst, dass ich das nicht kann. Alles war zu viel.
Ich bemerkt viele Ängste/Panikattacken, Angst vor Nähe, Angst vor vielen Menschen (egal, ob das Freunde oder Familie sind), kann Geräusche/Lärm nur sehr schlecht aushalten, das Smartphone ist immer mit dabei, um im Notfall zur Ablenkung dienen zu können, Smartphone und TV sind eigentlich immer gleichzeitig in Gebrauch,. gewisse pflanzliche Substanzen sind das einzige in Kombination mit dämpfenden Antidepressiva, um meinen Kopf und Gedanken ruhig zu stellen. Gespräche oder treffen mit anderen müssen massiv dosiert werden, ein Tag unterwegs heißt ein Tag Pause Anschluss. Einen Abend nicht wie gewohnt zu Hause sitzen heißt ziemlich wahrscheinlich eine schreckliche Nacht steht mir bevor.
Meine aktuelle Therapeutin hat das Thema komplexe PTBS bzw. komplexe posttraumatische Entwicklungsstörung angesprochen und seitdem beschäftige ich mich mit diesem Thema, es fällt mir aber sehr schwer, da ich ja keinen Krieg miterlebt habe, nur sexuell belästigt, aber nicht missbraucht wurde. Es wurde nie Hand angelegt; ich habe es „nur“ bei meiner Mutter beobachtet. Wurde nie „richtig“ gemobbt, nur von meinen „Freunden“ geärgert, gehänselt, bloß gestellt,… .
Alkoholmissbrauch, Alkoholismus, Drogen…
Ich weiß nicht, ob hier bei euch richtig bin. Ich weiß nicht, ob ich eine komplexe posttraumatische Entwicklungsstörung habe, denn so betitelt findet sich nichts. Ist es eine „normale“ komplexe PTBS oder doch „nur“ ein Entwicklungstrauma?
Ich weiß hier sind keine Fachärzte, ich möchte nur niemanden auf die Füße treten, falls ich hier falsch bin.
Ich bin zufällig auf der Suche nach Erklärungen hier gelandet und habe mich in vielem wiedergefunden.
LG,
Fairy
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19. Oktober 2018 at 16:46
@Fairy
Willkommen im Club – du bist hier (leider) ganz richtig…
Deine Lebensgeschichte bewegt mich emotional sehr. Selbstverständlich auch die von allen anderen Beitragsverfassern und der Blogbetreiberin.
Vieles, was ich hier — und im www lese — triggert mich leider ständig, sodass ich permanent dissoziative Symptome habe.
Ich habe im Juni 2018 diagnostiziert bekommen: kPTBS und rezidivierende Depressive Störung. Zusätzlich Verdacht auf Borderline. AD(H)S wurde nur verbal als Möglichkeit erwähnt und mir empfohlen, es diagnostisch checken zu lassen.
Ich beginne im November 2018 eine Traumatherapie. Zusätzlich gehe ich zu einem Diagnostiker, wegen Verdacht auf Asperger-Syndrom, was meiner eigenen (subjektiven) Meinung nach aber auch eher „passt“, als AD(H)S.
Mein Resümee nach 38 Lebensjahren: das Leben ist eine albtraumhafte Hölle….
In diesem Sinne, ihr Lieben, wünsche ich euch Ruhe, Frieden und Harmonie.
Liebe Grüße,
Roberto
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16. Februar 2019 at 11:20
Nur ganz kurz : viele Wahrheiten recht gut formuliert.
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5. Januar 2020 at 16:44
Hallo zusammen
Nach langer Suche in den unendlichen Tiefen des Internets diese Seite gefunden. Der erste Eindruck ist schon mal verdächtig gut, denn es wird hier nicht (nur) über Krankheiten und Therapien geschrieben, sondern über erlebtes. Und das kommt bei mir sehr gut an.
Meine Frau leidet an PTBS, eventuell auch an komplexer PTBS. Das einzige, was konstant ist, ist das auf und ab. Gerade mal wieder ab… Jedes Mal, wenn ich denke, wir seien jetzt am untersten Punkt angekommen, muss ich feststellen, dass es noch weiter runter gehen kann. Und dann kommt die Ohnmacht, nicht zu wissen, wie es weitergeht. Ach, ich weiss ja jetzt, wie es weitergeht: runter…
Vielleicht hilft es mir als Angehöriger, wenn ich mich hier mit Betroffenen oder auch anderen Angehörigen austauschen kann.
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5. Januar 2020 at 17:29
Hallo, also meine Frau hat ebenfalls eine komplexe PTBS. Zusätzlich wurde vor einiger Zeit eine Persönlichkeitsstörung (eher eigentlich Beziehungsstörung) festgestellt. Das passt leider perfekt.
Es gibt so gut wie keine Hilfen für Angehörige-in Frau TV (WDR) gab es einen kurzen Bericht-ein Partner hat glaube ich in Köln eine kleine Selbsthilfegruppe gegründet.
Hilfreich können auch Angehörigengruppen sein (teilweise an Unikliniken)- könnte etwas mehr schreiben aber das passt glaube ich nicht in das Forum.
Wichtig ist, dass du auf dich acht gibst. Such dir einen Ausgleich, triff dich mit Freunden und Familie. Hol dir zusätzlich Hilfe. Tanke Kraft und Energie. Dir stehen im Quartal 2 Stunden psychiatrische Grundversorgung zu ( z.B. für Gespräche mit einem Psychotherapeuten) – ja, es ist schwierig Termine zu bekommen aber es geht!!! Gerne können wir uns ggf. anderweitig austauschen – LG Achim
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5. Januar 2020 at 18:46
Wenn Ihr das was anleiern wollt, Dann haltet mich auf dem Laufenden…
Ich veröffentliche durchaus auch Gastbeiträge.
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5. Januar 2020 at 18:43
Hmm-wie könnte das aussehen?
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5. Januar 2020 at 19:46
Ich habe kein Problem damit, eine Angehörigenecke zu eröffnen, wo dann Gastbeiträge erscheinen.
Nur ein Forum werde ich nicht eröffnen, dazu habe ich nicht die Nerven.
Du kannst aber auch was vollkommen eigenständiges aufbauen und ich verlinke es.
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28. Februar 2020 at 15:39
Hallo
ich bin schon 59 und weiß erst seit einem Jahr, dass meine Krankheit nicht Depression ist, sondern KPTBS.
Hat das geholfen? Ein bisschen. Ich kann mir bei emotionalen flashbacks oft helfen. Allein zu wissen: „das ist eine ALTE Angst “ bringt schon deutliche Entlastung.
Buchempfehlung: Pete Walker : Posttraumatische Belastungsstörung. Vom Überlebend zu neuem Leben
Viele Grüße
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16. Juni 2020 at 9:52
Hallo zusammen, mein Mann leidet auch an komplexer ptbs. Ich wuerde mich freuen, andere Angehörige zum gegenseitigen Austausch zu finden. Viele Grüße, Kiki
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16. Juni 2020 at 12:12
Hallo Kiki,
gerne können wir uns austauschen.
Wie können wir Kontakt aufnehmen?
LG Achim
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16. Juni 2020 at 13:54
Hallo… Wer das machen möchte, kann gerne mir seine Email Addy schicken und ich reiche das dann weiter.
Bitte nicht hier Kontaktdaten posten.
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16. Juni 2020 at 14:02
Erledigt😊
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28. Juli 2020 at 8:38
Hallo,
mein Mann hat auch eine komplexe Ptbs. Das Zusammenleben ist sehr schwierig. Ich suche auch nach Hilfen, aber irgendwie gibt es wenige Angebote. Danke Rapunzel für die tolle Seite hier. Liebe Grüße Nicole
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28. Juli 2020 at 11:31
Vielen Dank für das Feedback.
Ja, Angehörige haben es auch schwer an der Seite von Betroffenen. Und diese werden total im Regen stehengelassen…
Es ist eine Gradwanderung zwischen Loyalität, Moral, Enthusiasmus, machbarer Hilfe und Selbstachtung.
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13. August 2020 at 20:04
Hallo 😔. Ich bin so berührt von deinen Worten ,das ich heulen möchte wenn ich es könnte . Ich bin leer und abgestumpft so das ich kaum oder garnicht Emotionen zeigen kann . Aber hier muss ich das ja nicht erwähnen. Ich bin ein Mensch der seit fünfzig Jahren mit sich und der Umwelt kämpft . Seit mehr als einem Jahr weiß ich warum 😟. Nach einer Gürtelrose holte ich mir Aufbauspritzen beim Doc (Medivitan Ampullen ) ,als plötzlich die Tür vom Warteraum aufging,und da war diese Stimme ,diese verf….. Stimme ! Schockstarre ,sieben jähriges Mädchen im Käfig ! Zusammenbruch . Bis ich überhaupt begriffen habe was mit mir los ist und warum ich diesen Zusammenbruch hatte ,verging eine ganze Weile . Psychiatrische Klinik , Tagesklinik Aufenthalte ,Traumatherapien haben mich dazu gebracht es zu akzeptieren,das ich dieses siebenjährige Mädchen war ! Seitdem ist das Leben kaum noch lebenswert . Aus einer absoluten Powerfrau ,die immer über das Limit ging (sicher typisch) ,ist ein Häufchen etwas geworden ,die nichts mehr alleine bewältigen kann . Danke das es diesen Block gibt ! Er ist so echt,die Worte sind echt… lg Heike
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27. August 2020 at 14:38
Hallo Heike…
fühl Dich mal gedrückt von mir.
Die 7jährige ist nur ein Teil von Dir….Du bist auch die Große mit ganz vielen Fähigkeiten und anderen positiven Erfahrungen. Vergiss das nie!!!
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29. Juli 2021 at 22:15
Ich bin durch ausschließlich emotionale Gewalt im Elternhaus kompelex traumatisiert. Mein zweiter Schwerpunkt ist Emotionale Gewalt durch Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten. Ist sozusagen doppelt gemoppelt, weil meine Mutter Krankenschwester ist. Meine Symptome deuten auf Weiße Folter, Todesangst bis hin zu Nahtoderfahrung schon im Säuglingsalter hin.
Mache seit ein paar Jahren keine Therapie mehr. Hat alles nichts gebracht. Total pervers, aber mich haben weitere Missbrauchs-und Gewalttaten und der Tod meines verstorbenen Freundes weitergebracht. Und die Erfahrung in der Selbsthilfe.
Krass, dass ich seit letzes Jahr anders rieche, schmecke, höre, sehe und fühle.
Auch interessant, dass ich vor 2 Jahren eine Aussstellung gemacht habe. Mein Motto war das „Unsichtbare sichtbar machen“ und zum selben Zeitpunt ist meine Weißfleckenkrankheit ausgebrochen. Alles sehr schräg. Gleichzeitig aktive ich ganz viele Selbstheilungskräfte.
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11. Februar 2023 at 18:05
Hallo liebe Frau mit 1000 Berufungen! Dein Beitrag hat mich sehr berührt und vor allem macht er mir Mut, dass es da vielleicht doch noch eine andere, bessere Welt für mich geben könnte. Deine Idee mit der Ausstellung ‚Das Unsichtbare sichtbar machen‘ geht mir grad gar nicht aus dem Kopf. Vielleicht wäre das auch für mich eine Möglichkeit, etwas von all dem Hässlichen, das über mehr als 50 Jahre in mich ‚eingefüllt‘ wurde, wieder loszuwerden. Es reicht von Entwicklungstrauma mit schwerer körperlicher und seelischer Vernachlässigung über sexuellem Missbrauch mit Schwangerschafttsabbruch in der Jugend, Tod des 1.Kindes nach Frühgeburt bis jahrelangem narzisstischen, seelischen Missbrauch durch div.Menschen und auch der eigenen Familie. Ich würde mich sehr gerne mit dir austauschen, wenn du das auch möchtest.. Liebe Grüße * Marion
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