Oh, ein Jubiläum…wie schön.
Ab diesem Monat lebe ich länger MIT anstatt OHNE Panikattacken.
Wo kann ich meine Urkunde, die Blümchen und die Anstecknadel abholen?
Vor 25 Jahren hatten wir übrigens auch so einen heißen Mai und einen heißen Juni wie dieses Jahr…ich weiß es noch genau…
Ja, sowas vergisst man nicht bei so einschneidenden lebensverändernden Ereignissen.
Es waren damals nicht meine ersten Angstattacken oder Ängste generell, das erklärt sich bei meiner Biographie von alleine…aber es waren die ersten Ängste und Panikattacken, die „grundlos“ auftraten und mich ab da täglich begleiteten. Sie kamen ohne Vorwarnung, ohne erklärbaren Grund….Und kein Arzt hatte auch nur einen blassen Schimmer davon, was mit mir los war…und ich auch nicht.
Ich hatte Todesangst, Angst, einen fetten Gehirntumor zu haben, Angst, verrückt zu werden….und niemand konnte mir helfen….
Ab der ersten grundlosen Panikattacke war mir zusätzlich rund um die Uhr dauerübel…so übel, dass jeder andere freiwillig den Finger in den Hals gesteckt hätte, wenn Erbrechen die Übelkeit gestoppt hätte. Aber die Übelkeit kam nicht vom Magen…sie war psychosomatisch…ich habe mit dieser extremen Übelkeit gegessen, gearbeitet, geschlafen…Und jeder weiß, wie elendig einem zumute ist, wenn einem schlecht ist.
Der oben auf dem Foto abgebildete Eimer war 1989 ein Weihnachts- Wichtelgeschenk von einer Arbeitskollegin.
Dieses süße pinke Herzchending begleitet mich nun sage und schreibe 25 Jahre zweckentfremdet als Rückversicherung gegen die Würgeattacken, die mich immer wieder aus dem Schlaf hochschrecken lassen.
Mein Eimer…
immer griffbereit neben meiner Schlafstätte, treu steht er mir zur Seite…
Ich kann behaupten, der Eimer hat mehr Zeit an meiner Seite verbracht als jeder andere Mensch.
Dieser Eimer steht wirklich symbolisch für meine Panikstörung und die dadurch erstmals entdeckbare psychische Schädigung dank meine Biografie.
Hätte ich vor 25 Jahren gewusst, wie die nächsten 25 Jahre aussehen werden, dann hätte ich mich damals bei Ausbruch sicher mehr angestrengt, der Lösung, einfach aus dem Fenster zu springen, nachzukommen. Aber der Mensch gewöhnt sich an alles…auch daran, mit 50 unselbstständiger als ein Kind zu sein.
Die Erwartungen an das Leben, die Zukunftspläne, Wünsche, Ziele…alles schrumpfte im Laufe der Jahre. Heute freue ich mich, wenn der Tag erträglich war und ich keine nennenswerten Stress-Spitzen oder körperliche Symptome habe.
Und wie werden die nächsten 25 Jahre?
Ich mag mir das gar nicht ausmalen…da hab ich richtig große Erwartungsängste.
Angst vor Krebs, vor Operationen (Hüfte,Knie), altersbedingte Gebrechen, die mehr Medikamente verlangen, noch mehr Abhängigkeit, noch mehr Einsamkeit, Untergehen in irgendeinem Pflegeheim mit überforderten Pflegekräften…
Ich würde ja gerne….ja, ich würde wirklich gerne genau diesen Befürchtungen einfach entgegenarbeiten, Vorbeugen, Prophylaxe betreiben….aber wie?
Ich kann keine Kontakte knüpfen, geschweige denn halten, familiäre Bande aufleben lassen fällt mangels meiner sicherlich nachvollziehbaren Abneigung flach.
Ich kann nicht raus…nichtmal bei Gruppenveranstaltungen oder Gruppentherapie der LWL kann ich teilenehmen, geschweige denn bei so einem Gruppenausflug der LWL mitfahren.
Ja, was kann ich noch machen??? Ich weiß es nicht…
Es war einmal ein Mädchen, blablabla DramaDramaDrama blablabla….
….und wenn sie nicht gestorben ist, dann fürchtet sie sich auch noch heute.
Viele machen ja so Statement- Tattoos….für Lebensabschnitte, für Personen, fürs Hundilein….oder z.B. das Semikolon als Zeichen für Depressionen…
Vielleicht sollte ich mir den Herzcheneimer tätowieren lassen????
Zumindest kann ich sicher sein, dass den noch niemand auf der Haut hat…vielleicht setze ich da einen neuen Trend und werde Influencer 😉
Skeptische Grüße der Jubilarin
Rapuzel
11. Juni 2018 at 12:42
Deine Worte graben sich gerade tief in mein Innerstes- wozu noch ein Tattoo… DAS ist echt kaum zu fassen…25 Jahre Ich wünsche Dir trotzdem weiterhin viel Kraft und Mut
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11. Juni 2018 at 14:07
Danke Wirbelwind…
Vielleicht wäre es gar nicht so weit gekommen, wenn damals die Ärzte die Dringlichkeit einer Therapie erkannt hätten…
Aber die wussten anscheinend selber nicht, was da los ist.
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29. Juni 2018 at 17:17
Hey Rapunzel ich dachte du schreibst von mir. Auch ich seit 25 Jahren in der Schleife und auch ich werde 50 in diesem Jahr. Wie es weiter gehen soll? Keine Ahnung.
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29. Juni 2018 at 19:17
Irgendwie gehts immer weiter….aber das „Wie“ stimmt mich nicht sonderlich positiv.🙁
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8. Juli 2018 at 14:22
Da bin ich gleicher Meinung. Das „Wie“, ist der Knackpunkt. Ein „normales“ Leben ist gar nicht mehr möglich. Also….. wie lebt man denn ein solches Leben?? Ich habe es leider auch noch nicht herausgefunden. Es ist mehr ein Überleben denn ein leben und jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Schwierigkeiten mit sich.Das einzig positive an der ganzen Sache ist , dass ein Mensch mit solchen Schwierigkeiten, viel intensiver lebt. Vieles ist nicht selbstverständlich und gerade in den Kleinigkeiten an denen viele vorbeirennen, liegt ein so wundervoller Zauber den man im „normalen“ Leben gar nicht sieht, hört oder riecht. Es sind nur kleine Momente aber sie sind da! Weiterhin viel Kraft und Mut wünsche ich dir und deine Texte und Berichte sind toll. Sie helfen dabei zu sehen, dass wir nicht die einzigen sind.
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8. Juli 2018 at 23:50
Ich danke Dir😊
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7. Dezember 2018 at 21:32
Wir haben eine Kollegin die der Tage wegen Panikattaken nicht in die Firma kam …. Seitdem gehe ich mit diesem Thema sehr sensibel um 💛
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