Mit PTBS und auch Depressionen geht die Lebensqualität flöten und der Aktionsradius wird kleiner und kleiner…und das Gefühl der Unfähigkeit steigt.
Meine Therapeutin hat mir vor 5 Wochen die Hausaufgabe gegeben, meine Ressourcen aufzuschreiben und ich habe für den nächsten Termin kein einziges klitzekleines Ressourcelein aufs Papier gebracht.
Warum?
Mir fiel keine ein, bzw. bei jeder, die mir einfiel, hatte ich sofort einen Einwand.
Also bekam ich diese Hausaufgabe nochmal aufs Auge gedrückt…diesesmal so, dass ich hinter die Ressourcen meine Einwände aufschreiben sollte.
Meine Hausaufgabe habe ich dann murrend und total gefrustet eine Woche später am Abend vor der nächsten Therapiestunde gemacht.
Mittwoch morgens habe ich dann bei meiner Therapeutin Frau C. gebeichtet, dass ich meine Hausaufgabe wieder nicht ordentlich erledigt habe…und sie hat mich gefragt, warum ich das oute, anstatt einfach das vorzulesen, was auf dem Zettel steht.
Keine Ahnung, warum ich mich gleich rechtfertige, ohne Anlass oder Aufforderung.
Das mache ich generell gerne, aber nicht nur, wenn es mich betrifft…Ich verteidige alles und jeden…vollkommen unnötig und überflüssig.
Ich denke, dass ich einfach darauf hoffe, dass andere dann genauso nachsichtig mit mir umgehen, wenn ich Fehler mache.
Rapunzel hat eben Schiss vor Strafe und vor allem vor Ablehnung.
Nundenn…die Ressourcenaufgabe war immer noch nicht komplett erledigt…meine Aufgabe für den nächsten Termin war dann:
Schreibe die Ressourcen, die Du schon gefunden hast, OHNE Deine Einwände auf ein Blatt Papier…und die Einwände, sofern du sie nicht weglassen kannst, auf ein anderes Blatt.
Was soll ich sagen?
Ihr ahnt es wahrscheinlich schon….Ich habs nicht hingekriegt, die ganze Woche habe ich diese Aufgabe im Kopf durchgearbeitet, aber nix zu Papier bringen können.
Ich kam also wieder ohne erledigte Hausaufgabe zu Frau C.
Ich hänge nun somit in der 5. Woche an der gleichen Hausaufgabe: MEINE RESSOURCEN!
Also wenn das nicht ein Rekord ist….
Dabei sollte es doch möglich sein, die eigenen Ressourcen zu Papier zu bringen!
Es werden doch nur Fähigkeiten abgefragt, mit denen ich meinen Alltag meistere oder zumindest früher gemeistert habe.
Diese Fähigkeiten sind ja nicht im Klo runtergespült worden…sie werden nur einfach nicht mehr abgerufen durch Depressionen oder die PTBS.
Aber dass ich jetzt quasi einen Gas- Wasser- Scheiße- Installateur rufen müsste, um meine Ressourcen wieder aus dem Abflussrohr rauszuziehen, schockiert mich doch sehr.
Warum vertraue ich nicht mehr auf meine Fähigkeiten?
Wieso ignoriere ich sie und wende sie nicht mehr an?
Schlimmer noch, ich erlaube ihnen nicht, existent zu sein!
Ich verleugne sie vehement!
Das ist doch total bescheuert!!!!
Eure gefrustete Rapunzel
25. Februar 2017 at 16:59
Dieser „bezaubernde“ Moment, wenn man etwas schon reflektieren, aber noch nicht umsetzen kann. Du weißt also schon, dass du dieser Ressourcen hast, ihnen aber nicht erlaubst zu sein. Bleibt zu hoffen, dass sie im nächsten Schritt dann etwas greifbarer werden, weil es klingt so, als würdest du dich trotzdem langsam, seeehr langsam dazu vorarbeiten.
Ich war Mal an einem ähnlichen Punkt, ich wusste zwar, dass ich nun nicht der schrecklichste Mensch der Welt war, aber etwas positives habe ich gewiss nicht herausgebracht. Aber irgendwann wurde es besser und mein Blick heute wieder realistischer. Das wünsche ich dir auch.
Und weißt du was ich sehr schön finde…das deine Therapeutin nicht locker lässt, aber dich auch nicht zu verurteilen scheint!
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25. Februar 2017 at 18:47
Ja , liebes Elefantinchen in Bleu…
Da hast Du wirklich voll ins Schwarze getroffen, meine Therapeutin ist superklasse und ich bin sehr froh, endlich mal Glück zu haben mit der „Therapeutenwahl“…obwohl Wahl hat man ja kaum, ich bin nur einfach sehr lange am Ball geblieben mit der Hinterhertelefoniererei bei ihr.
Was ich interessant finde, ist Dein Einwurf mit dem „schrecklichsten Mensch“….meine Thera hat auch schon öfter gesagt, dass ich mir ganz viel Mühe geben würde, mich selbst als Monster darzustellen….ich selber merke das überhaupt nicht und denke immer, dass ich alles realistisch darstelle…jaja, so stellen wir uns alle selber ein Beinchen.
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25. Februar 2017 at 19:38
So wie du mit deinen Ressourcen umzugehen scheinst, behandle ich meine negativen Gefühle. So etwas wie Traurigkeit darf nicht sein und wenn es doch da ist, dann bitte schnell wieder weg. Ansonsten verurteile ich mich schnell, dass ich jetzt traurig bin. Wie bescheuert!
Ich übe mich gerade darin mir zu sagen, dass meine Gefühle okay sind und existieren dürfen 😑 hätte ich das alles vorher gewusst, hätte ich im Kindesalter mit Meditation und Achtsamkeit angefangen 😂 manchmal ist das so anstrengend.
Vielleicht klappt es bei dir ja auch, wenn du deinen Ressourcen und positiven Eigenschaften in Gedanken gestattest zu sein 😊
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25. Februar 2017 at 21:08
Gefühle? Was ist das?
Letztes Jahr in der Klinik sagte der Oberarzt: „Rapunzel, Du bist schwer depressiv.“
Ich hab geantwortet: „Kann nicht sein, das müsste ich ja merken.“
Gefühle erlaube ich mir gar nicht, ich drücke die über die Psychosomatik aus.
Wie darf ich mir das bei Dir vorstellen?
Rennst Du mit einem Dauergrinsen durch die Gegend, mit dem Temperament einer Chef-Animateurin im ClubMED???
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25. Februar 2017 at 21:16
Oh Gott – ne 😁
Ich kann mich nicht sehr gut verstellen. Ich merk schon, dass ich traurig bin oder depressive Gefühle habe. Mache den Zustand dann aber um ein vielfaches schlimmer, weil ich mich total dafür verurteile.
Hm, schwer zu beschreiben…ich bin einfach sauer und verachte mich, wenn ich nicht schnell wieder umschalte und gut drauf bin. Ich habe da überkrasse Anforderungen an mich, völlig unrealistisch und das weiß ich auch. Aber so schwer zu ändern. Und meine Depression lasse ich schon gleich gar nicht als Grund für ein Stimmungstief zählen. So stehe ich mir dauernd selbst im Weg – obwohl ich die Lösung ja eigentlich schon im Kopf habe. Ich hab mich jahrelang gar nicht selbst wahrgenommen und muss das jetzt mühevoll zurück erobern – dazu sitzt dann noch so ein Diktator in mir, der irgendwelche utopischen Dinge verlangt.
Das hat Mal Spaß gemacht aufzuschreiben 🙈😁 is doch blöd, dass man den Knoten nicht lösen kann, obwohl man das Schema schon erkannt hat…
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26. Februar 2017 at 14:59
Oh je! Das tut mir Leid!
Diese „Hausaufgaben“ und Übungen sind wirklich manchmal mies. Meine Therapeutin sagt mir immer, ich solle sie nur machen wenn es klappt, wenn nicht, dann eben nicht. Allein, dass ich mich damit beschäftige habe eine Wirkung und es wird nachträglich was bewirken im Gehirn. Damit hat sie in meinem Fall sogar recht. Das Problem ist bei mir auch, ich habe eine ziemlich niedrige Frusttoleranz. Deswegen ist sie sehr bedacht drauf, mir kein Druck/Stress zu bereiten. Da bin ich echt dankbar.
Denn dieses miese Gefühl am Abend vor einer Stunde merken, dass man die Hausaufgabe nicht oder nur in letzter Sekunden alibimäßig erledigt hat, das kommt mir schon sehr bekannt vor 🙂
Ich habe z.B. quasi generell die Aufgabe „Dinge nicht be- respektive entwerten“….. Etwas nicht zu Bewerten ist für jemand wie mich etwa so, wie wenn man Wasser verbieten würde nass zu sein 😦 Obwohl es nicht oft geklappt hat, merke ich jedoch immerhin, wann ich wieder werte. Und ich bewerte natürlich auch das Scheitern an der Aufgabe „nicht zu bewerten“ was quasi ein Scheitern im Scheitern ist. Manchmal ist es verzwickt! 🙂
Meine Ressourcen und meine Stärken sollte ich auch mal notieren. Bei mir gibts sogar einige Phasen wo das geht. Doof nur, dass in den Phasen die Ressourcen und Stärken dauern wechseln und ich täglich, manchmal stündlich andere benennen könnte und genannte wieder streichen würde. Und es gibt Phasen wo es nicht geht. Da gibt es dann gar keine. Ich glaube das sind Phasen wo eher eine Depression die BPS überlagert.
Übrigens hätte ich eine offensichtlich als bewiesen geltende Ressource zum Vorschlag:
„ich bin nur einfach sehr lange am Ball geblieben mit der Hinterhertelefoniererei bei ihr.“
Liest sich für mich nach „ich kümmere mich um mich, nehmen mich wichtig und möchte bei dieser Therapeutin eine Therapie machen“? 🙂
LG
Sappy
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26. Februar 2017 at 16:34
Oh Sappy…
Ich sehe, ich befinde mich in guter Gesellschaft.
Ich habe das Gefühl, dass die Ressourcen wie Wölkchen an mir vorbeiziehen und ich sie nicht greifen kann. Ehe ich sie packe, sind sie wieder weg.
Bewerten…auch bei mir ein heikles Thema, da habe ich ja auch schon einen Beitrag im Blog zu geschrieben. Bei mir gibt’s auch nur Daumen hoch oder Daumen runter…wobei der Daumen prozentual mind. mit 80% vertreten ist.
Die Eurowings- Werbung mit Christoph-Maria Herbst als Dauernörgler …da fühle ich mich voll ertappt. Und das blöde ist, ich weiß, dass es nicht mein ganzes Leben so extrem negativ war…aber wie holt man sich das wieder zurück…einfach was tun oder erleben- ohne zu bewerten???
Sappy…wir bleiben einfach am Balll 😉
und da ich nicht anders kann:
Das Hinterhertelefonieren war keine Selbstfürsorge…ich stand nur mit dem Rücken an der Wand, weil es keine andere Traumatherapeutin im Ort gibt.
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26. Februar 2017 at 16:51
…. und hast es geschafft dort eine Therapieplatz zu bekommen?. Wow, Respekt! 🙂 (Auch wenn du das jetzt vielleicht nicht hören magst 😛 )
Ich finde die Vergleiche tatsächlich sehr interessant. Bei mir ziehen die Wolken nicht vorbei, sondern es entwickeln sich ständig neue Wolken und lösen sich wieder auf. Alle sehen anders aus.
Gut/Schlecht und Wohlwollend/Böse sind wohl die Bewertungen die ich wohl nicht mehr loswerde. Aber das ist okay. Dadurch, dass ich es weiß kann ich inzwischen manchmal sogar schmunzeln wenn ich mich wieder in meiner Welt der Bewertungen befinde und es merke. Es muss ja nicht gleich klappen und auch gesunde Menschen bewerten viel. Nur vielleicht nicht ganz so oft und vor allem nicht so drastisch. Denn Menschen aufgrund einer Kleinigkeit in „böse“ Einzuordnen ist natürlich eher kontraproduktiv um es mal milde auszudrücken.
Aber wie du sagst, wir bleiben am Ball 🙂 Vielleicht klappts ja mal, und wenn nur für ne Zeit, alles wird im Kopf irgendwie abgespeichert und dann klappts vielleicht auch bisschen länger etc. Erst krabbeln, dann laufen, that’s the way it is 🙂
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