Jetzt sind es schon 3 Wochen und ne halbe, die ich in der Klinik verweile.
Manoman, die Zeit rast….obwohl der Klinikalltag ansich schon ziemlich zähflüssig ist, da der Tag für mich einfach länger ist als zuhause.
Um 6:30 Uhr werden wir geweckt….blöd, wenn ich immer nur max. 2 Stunden am Stück schlafe und dann der Nachtdienst nochmal eine Ladung Atosil rausrücken muss.
Aber immerhin sind die Pfleger nachts super nett und bringen mir mein Pinnchen direkt ans Bett, damit ich nicht vom Aufstehen noch wacher werde.
Deswegen würde ich mich am liebsten wie zuhause in den Vormittagsstunden ausschlafen, doch Pustekuchen! Die morgendliche Medikamentenausgabe erfordert mein Aufstehen, notfalls mit mehrfacher eindringlicher Aufforderung durch das Pflegepersonal.
Ein täglich spannendes Battle… Bisher steht es 23:0 für das Pflegepersonal!
Aber nicht weitersagen…denn an manchen Tagen tue ich so, als wäre ich schon wach gewesen, bevor die Tür zum Zimmer aufgeht.
Oft latsche ich, nachdem ich meine (eigentlich) aktivierenden Nortrilen- Pillen geschluckt habe, wieder ins Bett und döse glatt ein…ähm, ja……Aber damit ich meine Ergotherapie nicht verpasse, habe ich meinen Wecker auf 10 Uhr gestellt.
Meine Ergotherapie ist eigentlich eine Kreativgruppe, an der ich netterweise auf einer anderen Station im Haus teilnehmen darf. Denn leider sind Sport, Ergo und andere Therapieangebote für unsere Station leider auf andere Häuser auf dem Klinikgelände verteilt…und da komme ich wegen meiner Seh- und Gangstörung nunmal nicht hin.
Ich habe wie zuhause eben Stubenarrest…Schade auch, denn das Klinikgelände hier ist wirklich superschön. Viele Leute nutzen das Gebiet für Spaziergänge, als Joggingpiste und auch viele Hundebesitzer führen ihre Fellnasen hier aus….und ich wette, nichtmal die Hälfte der Gassigänger hat ein Tütchen dabei fürs Hundekaka. Einige Hunde laufen sogar ohne Leine…finde ich persönlich für ein Klinikgelände ziemlich daneben. Trotzdem freue ich mich natürlich über jeden Wuff, den ich zu sehen bekomme.
Aber zurück zum Thema.. meine Kreativgruppe um 10:30 Uhr
Die Station, auf der die Räumlichkeiten sind, ist eine Akutstation…das heißt, dort sind Patienten, die für mich aufgrund ihrer persönlichen Ausnahmesituation unkontrollierbar sind. Mein Stresspegel wird somit jeden Morgen gut angeheizt. Ich werde von unserem Pflegepersonal zu dem Raum begleitet und auch wieder abgeholt. Alleine würden mich auch keine 10 Pferde auf diese Station bringen können.
Interessant ist, egal, wie krank oder gestresst diese Patienten dort sind…und ich natürlich auch…in der Kreativgruppe fordert das Projekt, was sich jeder aussuchen kann, die volle Aufmerksamkeit und nach einer kurzen Zeit ist jeder total in seine Arbeit vertieft und die Atmosphäre ist entspannt…und auch ich entspanne mich….
Schon einfachste Dinge können uns runterbringen von unserem Stresspegel…ein Bild malen, mit Ton arbeiten, Speckstein bearbeiten…diese Dinge können wir auch zuhause als Skill einsetzen, wenn mal wieder alles in uns auf Chaos programmiert ist.
Leider geht diese Gruppe nur eine Stunde… schade auch!
Ist die Stunde zuende, kann ich schon auf das Mittagessen warten…ich esse ja auf meiner Station, da kommt das Happihappi ziemlich früh. Schnell noch die Mittagsmedikation holen und danach ist Siesta angesagt…
Nachmittags habe ich wenig zu tun…vielleicht noch eine Gruppentherapiestunde und einmal die Woche ein Einzelgespräch…das wars….
Um 17:30 Uhr gibt’s dann schon wieder Abendbrot und ab 20:00 die Medis für die Nacht. Die Nachtruhe beginnt um 22:00 Uhr. Da wird dann auch der Fernseher in den Gemeinschaftsräumen abgestellt.
Die Leerlaufzeit wird mit Lesen, Schlafen und netten Gesprächen mit meinen Mitpatienten gefüllt. Ausserdem habe ich ja noch meine Wochenaufgabe, die ich täglich zu erfüllen versuche…. Alleine zum nächsten Gebäude gehen und zurück.
Einmal die Woche wird’s aber ganz übel…Mittwoch Nachmittag ist der Moment der grausamen Wahrheit….Ab auf die Waage!
Boah, Langeweile und die appetitanregenden Medis machen sich schon auf meinen Hüften bemerkbar…auaaaa! Seit Anfang dieser Woche ist jetzt Diät angesagt…und abends strampel ich mir das Abendbrot auf dem Ergometer ab. Ziel ist nicht Abnehmen sondern nicht weiter Zunehmen! Und wenn ich nächsten Mittwoch trotzdem die 75Kilo Grenze überschreiten sollte, werde ich mich niemals wieder aus meinem Zimmer rausbewegen 😉
Nundenn… ausser 2 zusätzlichen Kilos habe ich zumindest einen Erfolg zu verbuchen:
Ich kann auf unserer Station mittlerweile gehen, ohne mich an der Wand abstützen zu müssen…ich schwebe fast wie eine Elfe, jawoll…ok… wie eine (hoffentlich weiterhin unter 75 Kilo) schwere Elfe.
Ansonsten gibt’s noch nicht viel neues zu verkünden… grade in der Selbstachtsamkeit hapert es immer noch ganz gewaltig.
Kämmen geht so einigermaßen, Duschen/ Baden schaffe ich eher am Wochenende zuhause und auch sonst gehe ich nicht nett mit meinem Körper um.
Fingernägel sind fast alle abgefressen und meine Fußnägel sehen auch wieder mal ganz übel aus, hat auch ordentlich geblutet. Ausserdem müsste ich mich dringend regelmäßig eincremen, meine Haut leidet extrem unter Feuchtigkeitsmangel…die Fußsohlen knittern schon und reissen auf…und an meinen Knien kann ich die obere Haut mittlerweile abschuppen. Die Bodylotion und Hautöl habe ich mit in der Klinik, aber ich bekomme es einfach nicht hin, diese Dinge auch zu benutzen.
Rapunzel ist halt noch weit vom Prinzessinnen- Status entfernt.
Meine Aufgabe ist es jetzt, täglich 3 positive Dinge zu benennen und ein Gefühlsprotokoll auszufüllen. Das fällt mir ziemlich schwer, denn ich habe viel zu viel mit meinen Stressymptomen zu tun, als dass ich noch etwas Positives fühlen könnte.
Und ab Montag gibt eine neue Pille dazu…Naltrexon.
Ich bin (an)gespannt, denn natürlich habe ich schon sämtliche Berichte zu dem Medikament gegoogelt.
Zumindest hört es sich passender für meine Dissozustände an… Und ich hoffe, die Nebenwirkungen machen einen großen Bogen um mich.
Ende letzter Woche hatten wir nämlich schon abends Spaß auf der Station…Disso wegen paradoxer Reaktion auf Sedierung nach Erhöhung meines Nachtmedikaments.
2 Tage war meine Stimme danach ordentlich heiser und ich bin umgehend wieder auf die kleinere Menge zurückdosiert worden. Darum kommt jetzt das Naltrexon dazu.
Neues Spiel- Neues Glück!
Montag abend um 21:00 Uhr dürft Ihr mir alle die Daumen drücken, dass mein Körper das Naltrexon toleriert.
Aber bis dahin werde ich das Wochenende in der Belastungserprobung zuhause genießen und mich überraschen lassen, wen ich dann als neue Zimmernachbarin haben werde. Meine bisherige Zimmergenossin ist nämlich gestern entlassen worden.
Eure Rapunzel
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