Was antworten wir denn da?
Schwankungen machen doch unser Leben täglich spannend.


 

Noch vor zwei Jahren habe ich mein Leben als Hamster im Hamsterrad gesehen. Als Tretmühlen- Knastarbeiter…immer eine Handbreit den Kopf über Wasser haltend… rumstrampelnd, damit ich nicht absaufe.

Wir PTBSler haben es halt nicht leicht!
Mal geht’s uns schlecht- mal schlechter- mal beschissen!
Und manchmal hoffen wir nur noch auf Erlösung.

Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, wann es mir das letzte Mal wirklich gut ging. Das Wort „Gut“ kann ich, wenns um meine Befindlichkeiten geht, eigentlich aus meinem Wortschatz streichen.

Was soll ich also antworten, wenn mich jemand fragt, wie es mir geht?
Ehrlich? Manchmal weiß ich es selber nicht.

Darf ich sagen, es geht mir gut, wenn ich mal grade keinen Hochstress habe?
Ich bin ja trotzdem nicht stressfrei und bewege mich im Alltagslevel auf Stufe 5-7 von einer Skala bis 10.
Kann ich von „Gut“ reden, wenn der Schwindel mich mal ein paar Tage in Ruhe lässt?
Ich weiß ja, dass er mich innerhalb der nächsten Tage wieder einholen wird und verbringe meine Zeit trotzdem damit, die Balance zu halten, damit er mich nicht urplötzlich von den Beinen holen kann.
Und die Angst ist ebenfalls immer da, auch wenn mal nicht kurz vor der Panikattacke.
Habe ich gut geschlafen, wenn ich dafür Abends eine Tablette einnehmen musste?
Denn andere Menschen können ohne Medikamente schlummern.

Gibt es Abstufungen von „Gut“?
Bei Schulnoten ja…2+…2…2-
Aber bei Befindlichkeiten?
Gut-Guter- Am Gutesten?
Was ist denn „Gut“?
„Gut“ ist doch positiv!

Ein Demenzkranker, der grade für ein paar Minuten in der Gegenwart ist, geht’s dem dann grade gut?
Hat ein Totgeweihter, der ausnahmsweise mal ansprechbar ist, wirklich einen guten Tag?
Ich muss da immer ein bisschen schlucken, wenn in Filmen das Krankenhauspersonal zu der Tante Herta sagt, Onkel Otto hat heute einen guten Tag, nur weil er nach einem Schlaganfall für einen kurzen Moment einen Löffel halten kann.

Wenn der Tag doch so gut ist für den Patienten, warum möchte dann trotzdem keiner mit ihm tauschen?

Fragt mich also jemand, wie es mir geht, antworte ich meistens, dass ich grade relativ stabil bin oder dass es mir für meine Verhältnisse grade ganz gut geht.
Ich schränke ein, denn ich weiß, ein „Gut“ würde von Aussenstehenden falsch bewertet werden. Und ein „Gut“ wäre von mir sowieso schlichtweg eine fette Lüge!

Eigentlich müsste ich aber meine Befindlichkeit einstufen in:
Erträglich – Unerträglich
oder in
Aushaltbar – kaum Auszuhalten – Katastrophal

Aber das würde einen Außenstehenden wahrscheinlich überfordern.

Eure Rapunzel