PTBSler sind auch Junkies.
Nicht nur die Medis machen uns im schlimmsten Fall abhängig.
Wir sind abhängig von Vielem!


Seit Wochen knabbere ich in meinem Kopf an diesem bitteren Thema rum, es lässt sich leider nicht wie oller Kautabak in den Topf spucken.
Bei jeglicher Zukunftsplanung und Gegenwartsüberprüfung ist Abhängigkeit ein Hauptthema, welches Veränderungswünsche sofort im Keim erstickt.

Und es gibt eine Menge Abhängigkeiten in meinem Leben.

Jedem von uns ist (hoffentlich) bekannt, dass Schlafmittel und Beruhigungspillen wie Tavor schon in kürzester Zeit extremes Suchtpotential haben.

Von den Ärzten in schlimmen Phasen auf diese Hilfspillen gebracht, dürfen sich viele psychisch Kranke Jahre später in den Kliniken auf Entzug setzen lassen.
Da sitzen dann die Schizophrenen, die Borderliner, die PTBSler, die Depressiven  und die Angstgestörten heimelig abends gemeinsam auf dem Sofa in der Klinik rum und schlagen sich die Stunden zitternd und vibrierend um die Ohren, um mit den Entzugserscheinungen klarzukommen.

Doch auch bei „harmloseren“ SSRI, Antidepressiva, etc,. müssen die Medis langsam unter ärztlicher Aufsicht wieder ausgeschlichen werden.
Naja…selbst Nasenspray und Labello können süchtig machen…oder Schoki.

Bis auf Schoki bin ich in diesem Bereich aber zum Glück nicht gefährdet.

Aber von diesen Abhängigkeiten möchte ich jetzt eigentlich auch gar nicht sprechen.
Mir geht’s in diesem Beitrag um Abhängigkeiten, wo sich die Wenigsten ernsthaft des Risikos oder überhaupt des „Suchtpotentials“ bewusst sind und wo es keinen Beipackzettel als Warnung gibt.

Abhängigkeiten, in die wir uns mit der Macht unserer Gedanken und Gefühle letztendlich freiwillig hinein begeben.

Jeder kennt den Begriff „Hörigkeit“ fast nur im Zusammenhang mit dem Gefühl der vermeintlichen Liebe zu einer anderen Person.
Eine Liebe, die willenlos und blind macht und selbst elementarste Bedürfnisse schleichend abtötet. Ein Spinnennetz, welchem nur schwer zu entkommen ist, weil man sich durchs Strampeln eigentlich nur noch tiefer ins Netz verwickelt.

Doch seelisch und auch körperlich Behinderte haben noch mit ganz anderen Abhängigkeiten zu kämpfen, bzw. müssen sie hinnehmen, weil es in vielen Fällen wenig Möglichkeiten gibt, autark zu existieren.

Bei einem körperlich Behinderten oder Eingeschränkten ist es klar, dass ohne Assistenz der Alltag schwer alleine zu bewältigen ist. Nahrungszubereitung, Haushalt, Körperpflege, Freizeitgestaltung… In diesen Fällen springt die Pflegeversicherung ein…ein klarer Deal!
Assistenz gegen Geld!

Psychisch Kranken wird die umfassende finanzielle Unterstützung dieser Assistenz meistens verwehrt, bzw. kann auch ausserhalb der Klinik gar nicht rund um die Uhr im benötigten Maß gewährleistet werden.

Somit bin z.B. ich in Umfeld- Abhängigkeiten gerutscht…ich stecke bis zum Hals drin.
Ich liste das einfach mal auf.

Ich bin abhängig von: spinnennetz

  • meinem Partner.
  • meiner Wohnung.
  • meinen Nachbarn.
  • meiner Freundin.
  • meiner ambulanten Wohnbetreuung.
  • meinem Auto.
  • meinem Handy und dem Internet.
  • der Grundsicherung.
  • Krankenhausnähe.

All diese Menschen und Dinge dienen als Sicherheitsnetz für meine jämmerliche Existenz ausserhalb der Klinikwände in der eigenen Wohnung. Sie ermöglichen mir, meine Ängste und emotionalen Druckmomente auf einem erträglichen Level zu halten, meine Versorgung zu gewährleisten und für einen ruhigeren Schlaf zu sorgen.

Dieses Netz aufzubauen, ist zusätzlich auch richtig Arbeit gewesen, siehe meine Beiträge „Vertrauensperson kann nicht jeder werden“ und „Kontakt- und Beziehungsstörungen

Gleichzeitig können deswegen genau diese Menschen oder Dinge dafür sorgen, dass bei Wegfall oder Nichtverfügbarkeit meine Ängste und Emotionen verstärkt werden.
Und die meisten meiner Gedanken kreisen somit neben dem Bodyscanning fast nur um die Erhaltung und Sicherung dieses Netzes.

Also ich muss alles dafür tun, dieses Sicherheitsnetz selber zu sichern…ein Paradoxum!
Denn wenn ich diese Energie dafür verwenden könnte, mich selbst zu sichern, könnte ich auf das Netz locker verzichten.

Geht aber nicht…zumindest im Moment nicht!
Und so werde ich, anstatt mich von dieser Abhängigkeit zu befreien, weiterhin selber an dem Spinnennetz der Hörigkeit weiterweben.

Ich bin diesem Sicherheitsnetz hörig! Ich bin süchtig nach Sicherheit! Ich bin süchtig nach Kontrolle und Instandhaltung dieses Netzes!
Und es steckt verdammt viel Angstpotential darin!

Wo seid Ihr abhängig?
Wo habt Ihr Euch in (un)nötige Abhängigkeiten verstrickt?
Und was tut Ihr dagegen, wenn Ihr Euch dem bewusst seid?

Ich bin da hilflos – im Moment behindert es z.B. massiv einen Umzug in eine andere Stadt zu meinem Partner, da ich dann nur noch ihn als Sicherheit hätte.
Ich denke seit einem Jahr darüber nach umzuziehen, ich suche bei Immobilienscout nach Wohnungen und da schaue ich nicht nur nach Miete, Zimmer, Balkon….
Nein, ich schaue, wie weit das nächste Krankenhaus entfernt wäre oder wo die Freunde von meinem Partner wohnen. Und nach einer Wohnungsbesichtigung muss mein Freund mit mir die Strecke zum nächsten Krankenhaus abfahren und ich messe die Zeit und checke das Verkehrsaufkommen, Ampeln und große Kreuzungen, die meinen Transport zum KH im Notfall erschweren könnten.
Mein Partner sagte schon, ich kann mir das Schauen nach Wohnungen schenken, denn letztendlich wäre ich nichtmal in der Lage, in meinem Wohnort nur eine Straße weiterzuziehen, weil ich dann meine Nachbarn aufgeben müsste.

Blöd, blöd, oberblöd…und ich würde soooo gerne….

Eure Rapunzel